Wer hätte gedacht, dass ich zu Zeiten von Covid-19 einen Beitrag über »mehr Zeit für mich« schreiben würde. Eigentlich könnte man meinen, dass wir alle genug Me Time in den letzten Monaten hatten. Trotzdem möchte ich heute ein paar Worte über das Thema verlieren. Bei Me Time geht es nämlich nicht nur darum, seine Ruhe zu haben. Viel mehr geht es darum, die Zeit für sich richtig zu nutzen und zu erkennen, wann man mal wieder eine ordentlich Portion Self Care braucht.
Mir ist dieses Jahr wohl zum ersten Mal bewusst geworden, wo meine persönliche Grenze bezüglich sozialer Kontakte liegt. Ich habe zum ersten Mal definieren können, wann und warum mein sozialer Akku zu voll ist und was ich dagegen tun kann. Ich möchte meine neuesten Erkenntnisse mit euch teilen.
Sozialer Akku? — Woran ich merke, dass ich mehr Zeit für mich brauche
Bis vor wenigen Wochen wusste ich nicht, dass ich ein Limit bezüglich sozialer Kontakte habe. Ich war zwar schon immer ein Mensch, der gerne Zeit für sich hat, Zuhause bleibt und großen Partys einen Laufpass gibt, doch dass mich soziale Kontakte buchstäblich überfordern könnten, war mir nicht bewusst.
Dabei geht es weniger um Menschenmassen, die aktuell ja sowieso nirgends anzufinden sind, sondern es geht um einzelne soziale Kontakte innerhalb eines kurzen Zeitraums. Witziger Weise empfinde ich Menschenmassen häufig als wenig problematisch. Ich glaube jede*r von uns weiß, man kann auch unter vielen Menschen alleine sein. Das kann sich sowohl gut als auch schlecht anfühlen.
Verbringe ich aber zum Beispiel das Wochenende mit meiner Familie, treffe mich am Folgetag mit einer Freundin und gehe daraufhin zur Bandprobe, stelle ich schnell fest: Das wird mir zuviel. Einmal ging es sogar soweit, dass ich bei Freunden zum Spieleabend saß und das Gefühl hatte, ich müsse mich zu jedem Lachen zwingen. Ich musste mich zusammenreißen, nicht auf jede Frage genervt zu reagieren und die ganze Zeit dachte ich nur: Wann gehen wir endlich wieder nach Hause?
Als mich unsere Freunde anriefen, hatte ich eigentlich direkt ein komisches Gefühl. Ich war zwiegespalten, weil ich die beiden länger nicht gesehen hatte und doch wusste ich: Mir wird das zuviel. Trotzdem sagte ich zu, aber tat uns am Ende allen keinen Gefallen damit. Mir tat es unglaublich leid, dass meine Freunde statt der Gute-Laune-Lena eine Miese-Petra dort sitzen hatten, doch am Ende hatte es doch etwas Gutes. Ich habe gelernt, dass ich in solchen Situationen auf mein Bauchgefühl hören sollte.
Wie gehe ich mit einem Social Overload um?
Mein sozialer Akku ist leider relativ schnell voll, was eventuell daran liegt, dass ich es nicht gewohnt bin, regelmäßig unter Menschen zu sein. Der Grund ist allerdings zweitrangig, viel wichtiger ist die Frage, wie ich damit umgehe.
Inzwischen kann ich mich ganz gut einschätzen und weiß, dass ich zwischen größeren Treffen gerne einen Tag Pause habe. Bin ich zum Beispiel am Wochenende bei der Familie, lege ich das frühste Treffen mit Freund*innen auf den Dienstag. Meistens macht es auch einen Unterschied, ob Freund*innen mich bei mir Zuhause besuchen oder wir in ein Café oder zu ihnen gehen.
Spontane Besuche und Verabredungen
Tatsächlich kann ich sagen, dass niemand meiner Freund*innen spontan auf die Idee kommen würde, ohne vorhergehenden Anruf vor meiner Tür zu stehen. Doch auch ein spontaner Anruf à la: »Wollen wir uns heute Abend treffen«, kann ähnlich überrumpelt sein, vor allem, wenn man eigentlich Zeit hat. »Ja, äh, also ich hab bisher nichts vor, deshalb,… also eigentlich spricht nichts dagegen.« Klar, man könnte auch lügen, doch ich rate vom Lügen ab. Generell. Doch was soll man stattdessen tun? Sagen, man habe Zeit, aber keine Lust? Das könnte mal eben eine Freundschaft zerstören.
Ich habe mir angewöhnt in solchen Situationen immer erstmal tief durchzuatmen. Sollte sich kein komisches Bauchgefühl auftun, sage ich zu. Doch sobald sich da irgendwas in mir wehrt, sage ich entweder direkt ab oder bitte mein*e Freund*in, zurückrufen zu dürfen. Sobald ich weiß, dass mir das zuviel werden könnte, sage ich das. In der Regel werden Aussagen wie: »Also theoretisch habe ich Zeit, aber ich brauche heute unbedingt etwas Zeit für mich. Lass uns aber doch gerne direkt für morgen oder die Tage etwas ausmachen!« sehr gut aufgefasst. Ich bin ehrlich, begründe meine Entscheidung und gebe dem Anrufenden direkt das Gefühl, dass das ABSOLUT nichts mit ihm oder ihr zu tun hat.
Verabredungen richtig planen
Bei längeren Vorausplanungen gehe ich tatsächlich sehr behutsam mit meiner Zeit um. Ich würde niemals auf die Idee kommen, drei Verabredungen auf drei Tage in Folge zu legen. Es kann immer etwas anderes dazwischen kommen und ich vermeide es so, Leuten absagen zu müssen. Ich lasse mir also genug Puffer, um am Ende jeder*jedem, einschließlich mir selbst, gerecht zu werden. Meine Me Time ist mir heilig und ich weiß genau, dass letztendlich alle davon profitieren, wenn meine sozialer Akku nicht überladen wird.
Me Time — Meine Zeit richtig nutzen
Doch wie nutze ich die Zeit für mich? Sitze ich auf der Couch und gucke Serien? Ja, aber nicht nur. Zu oft, aber immer weniger.
Im Zuge der Erkenntnis über meinen sozialen Akku, habe ich auch meine Me Time hinterfragt. Ich habe mal genau hingeschaut, wie ich die Zeit für mich eigentlich nutze. Man neigt ja schnell dazu, Serien zu gucken oder zu zocken, doch tatsächlich habe ich gelernt, dass ich das nicht immer machen kann. Ich brauche hin und wieder bewusstere Zeit für mich, in der ich mich auch auf mich und mein Wohlbefinden konzentrieren und mich nicht von mir selbst ablenke.
Bewusste Me Time schaffen und Dinge tun, die man liebt. Das ist es, was die Seele tatsächlich heilt.
So nutze ich die Zeit für mich
Kuchen backen, Tee kochen, ein Bad nehmen, das Bett neu beziehen, Spazieren gehen, Kastanien sammeln, einen Film gucken. Das alles klingt schonmal voll nach einem Herbsttag like and for ME.
Sich in die Küche zu stellen oder das Bett zu beziehen klingt im ersten Moment nach Hausarbeit. Ich habe allerdings festgestellt, dass ich in der Küche am besten abschalten kann. Sobald ich am Herd stehe (unter der Voraussetzung, dass nichts schief geht, also immer nur vertraute oder leichte Gerichte kochen), kann ich mich entspannen und habe Spaß daran, für uns oder mich etwas leckeres zu zaubern. Ich freue mich immer schon auf ein warmes Abendessen oder einen süßen Snack und knete in Teig oder schwinge den Kochlöffel. Yam! Das Bett neu zu beziehen hat weniger mit der Tätigkeit selbst, als mit dem Resultat zu tun. Wenn ich abends ein Bad nehme, gibt es im Anschluss nichts schöneres, als sich mit einem Tee in das frisch bezogene Bett zu kuscheln.
Auch das Sammeln von Dingen an der frischen Luft ist für mich ein absolutes Highlight im Alltag. Wildkräuter, Kastanien, Herbstblätter, Muscheln, Obst, Nüsse, was sich gerade so finden lässt. Das Sammeln und das am Ende zu etwas Verarbeiten gibt mir ein Gefühl von Naturverbundenheit. Nichts ist genialer, als etwas Essbares, etwas Brauchbares oder einfach Hübsches daraus zu kreieren.
Musik darf bei gelungenem Self-Care natürlich auch nicht fehlen. Schon vor längerer Zeit habe ich die Playlist »In Den Wolken« erstellt, dessen Motiv ich für diesen Beitrag wieder aufgegriffen habe. Trip Hop, Ambient und Electronica von alt‑j, Massive Attack und Co machen ein entspanntes Bad oder das Backen von Windbeuteln direkt noch »leichter« und entspannter.
Am Ende ist aber nur eins wichtig: Etwas zu finden, was einem das Gefühl gibt, näher bei sich selbst zu sein, abschalten zu können und sich etwas gutes zu tun.
Meine Me-Time-Liste
Für euch als Inspiration, aber auch für mich als Reminder, habe ich eine Liste mit Dingen zusammen gestellt, mit denen ich meine persönliche Me Time am liebsten verbringe. Go with the Flow ihr Genussmenschen, gönnt euch mal wieder etwas Me Time und pinnt euch meine Illustration für eure Me-Time-Inspiration bei Pinterest fest.
Barbara
Da hast du vollkommen recht. Man muß sich regelmäßig etwas Zeit für sich selbst nehmen. Bei einer guten Tasse Kaffee den Sonnenaufgang genießen, auf der Terrasse ein schönes Buch lesen, sich mit Freunden treffen und über alles mögliche quatschen, einem Hobby nachgehen… Einfach weg vom Alltag und das Leben genießen.